- •Isbn 978 - 5- 89040- 285- 1
- •Inhaltsverzeichnis
- •Введение
- •Lektion № 1 Die Stilistik als Wissenschaftsdisziplin
- •1. Stiltheoretische Grundlagen
- •1.1. Denkstil
- •1.2. Sprachstil
- •2. Der Stilbegriff: mündlicher Stil, schriftlicher Stil
- •2.1. Mündlicher Stil
- •2.2. Schriftlicher Stil
- •3. Zum Gegenstands- und Aufgabenbereich der Stilistik
- •4. Zur Entwicklung der Stilistik als wissenschaftliche Disziplin Stilistik und Rhetorik
- •4.1. Rhetorik
- •Septem Artes Liberales
- •4.2. Die geschichtlichen Besonderheiten der Rhetorik
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 2 Stiltheoretische Grundlagen
- •1. Sprache. Rede. Stil
- •2. Stil und Expressivität
- •3. Determinanten des Stils
- •4. Stilnormen
- •Stilzüge/ Stilmerkmale
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 3 Stilelemente
- •1. Die Bestimmung des Bergriffs "Stilelement"
- •2. Lexikalische Stilelemente
- •3. Stilfärbung
- •Stilschichten und Stilfärbung
- •4. Stilistische Aspekte der Synonymie
- •5. Stilistische Funktion der Synonymie
- •6. Stilistische Möglichkeiten erstarrter phraseologischer Wendungen
- •Stilistische Möglichkeiten einfacher phraseologischer Wendungen
- •Aktionsdifferenzierung
- •Empfohlene Literatur:
- •Lektion № 4 Stilistisch differenzierter Wortbestand
- •Polysemie und Homonymie
- •Allerwelts- und Modewörter
- •Schwammwörter
- •4. Flick- und Füllwörter
- •5. Antonyme
- •Jargonausdrücke
- •7. Termini
- •8. Stilistische Aspekte der territorialen und chronologischen Kennzeichnung
- •8.1. Dialektismen und territoriale Dubletten
- •8.2. Historismen, Archaismen und Neologismen
- •Neologismen
- •Anachronismen
- •9. Stilistische Aspekte des Fremdworts
- •Fremdwörter
- •Lehnwörter
- •"Kampf gegen die Fremdwörter um die Reinhaltung
- •Stilistische Funktionen des Fremdwortes
- •10. Stilistische Aspekte des Eigennamens
- •Verschiedene Namen für ein Objekt
- •Redende Namen und suggestive Namen
- •Ethnische Schimpfwörter und übertragender Gebrauch
- •Von Ethnika
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 5 Stilistische Aspekte der Wortbildung
- •1. Verflechtungen zwischen Wortbildung und Satzbildung
- •Verbalsubstantiv – Nebensatz
- •Verbalsubstantiv – infinite Gruppe
- •Adjektivisches Derivat – Nebensatz
- •2. Reihung und Variation
- •Reimkombination
- •3. Expressive Bildung
- •Verletzung der semantischen Kongruenz
- •Wortkreuzungen /Kontaminationen
- •Abweichungen im Gebrauch fester bzw. Unfester Präfixverben
- •4. Morphologische Synonyme in der Verbalflexion
- •Genera verbi und Synonyme des Passivs
- •Zur Synonymie der Tempora
- •Zur Synonymie im Bereich der Modi
- •Formvarianten des Verbs
- •5. Morphologische Synonyme in der Substantivflexion
- •Neutralisierungserscheinungen beim Artikel
- •Neuere Formvarianten
- •Morphologische Synonyme in der Adjektivflexion
- •Pronomina als Stilelemente
- •Modaladverbien
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 6 Grammatische Stilelemente. Syntax und Stilistik
- •1. Syntax und Stilistik
- •2. Der Umfang der Sätze
- •Kurzsätzigkeit
- •Langsätzigkeit
- •Antiklimax
- •Amplifikation
- •Schlusszusammenfassung
- •Polysendoton
- •Geordnete Aufzählung
- •2.2. Hypotaxe
- •Periode
- •Schachtelsatz
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 7 Die Satzarten als Stilelemente
- •1. Die Satzarten als Stilelemente
- •1.1. Der Aussagesatz
- •1.2. Der Aufforderungssatz
- •1.3. Fragesätze
- •Echte Fragen
- •1.3.2. Scheinbare Fragen
- •1.4. Ausrufesätze
- •2. Synonymische Formen der Satzglieder
- •3. Varianten der Satzgliedfolge und der Stellung der Attribute
- •Kernsatz
- •Nachtrag
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 8 Grammatische Stilelemente. Redeschmuck
- •1. Parallelismus (Isokolon)
- •2. Entgegensetzung von Wörtern
- •Oxymoron
- •Antithese
- •3. Entgegensetzung im Satzbau
- •Chiasmus
- •Antimetabole
- •4. Häufung
- •5. Abweichende Satzkonstruktionen
- •Syntaktische Ellipse
- •Isolierung
- •Syllepse:
- •Aposiopese
- •Prolepse
- •Parenthese
- •Sonderformen des Nachtrags
- •Anakoluth
- •Redeschmuck: Redefiguren (Glossar)60
- •I. Figuren der Worthäufung
- •Figuren der Wortwiederholung
- •III Figuren der Worteinsparung
- •IV Klangfiguren
- •V Figuren der Wortverbindung
- •VI Figuren der Wortbeziehung
- •VII Figuren der Wortstellung und Satzkonstruktion
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 9 Phonetik Laut- und Klangstilistik. Phonostilistik64
- •Stilrelevante Klangwirkungen
- •Der Reim und seine stilistische Bedeutung
- •Metrum und Rhythmus als Stilelemente
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 10 stilfiguren. Zur Funktion der Tropen und Figuren
- •1. Zur Funktion der Tropen und Figuren
- •2. Implizite und explizite Merkmalshervorhebung Emphase
- •Periphrase
- •3. Ironie, Litotes und Hyperbel
- •Litotes
- •Hyperbel
- •4. Bezeichnungsübertragung nach Sachzusammenhang und Ähnlichkeitsbeziehung Synekdoche
- •Metonymie
- •Empfohlene Literatur
- •Metapher
- •Abarten der Metapher
- •Personifikation
- •Synästhesie
- •Anapher
- •Epipher
- •Anadiplose
- •Symploke
- •Wiederholung mit Hilfe von Wortspielen
- •Paronomasie
- •Rhetorische Stilmittel80
- •Schmückende Beiwörter Pleonasmus
- •Epitheta ornans
- •Empfohlene Literatur Anadiplose //http://de.Wikipedia.Org/wiki/Anadiplose.
- •Lektion № 12 Alltagsprache
- •Alltagsprache82
- •Kommunikative Rahmenbedingungen der Alltagskommunikation:
- •Text- und Gesprächssorten:
- •Zur Abgrenzung von Alltagssprache und Umgangssprache
- •Empfohlene Literatur zur Vertiefung:
- •Lektion № 13 Stil der Belletristik
- •Literartursprache
- •Dichtersprache86
- •Zur Abgrenzung von Dichtersprache und Literatursprache88
- •Empfohlene Literatur zur Vertiefung:
- •Lektion № 14 Das emotive Lexikon literarischer Texte89
- •Wortarten als verbale Manifestatoren emotional-psychologischer Zustände
- •Assoziativ-emotionale Wörter
- •Substantivierte emotive Komposita
- •Intellektuell-kulturelle (oder gebildet-geistreiche ) Lexik
- •Invektivische Lexik
- •Zoomorphismen
- •Semantische Typen des emotiven substantivischen
- •Vokabulars
- •Emotional gefärbte Numeralien
- •Wörter in metaphorischer Bedeutung
- •Emotiv-bildliche Lexik
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 15 Stil der Presse und Publizistik
- •Stil der Presse und Publizistik
- •Pressesprache99
- •Zur Abgrenzung von Pressesprache und Mediensprache
- •Die Bestandteile der emotiv-politischen Lexik
- •Schlagwörter
- •Wörter-Chronofakten
- •Chronotope und Schlagwörter
- •Zeitungsneologismen
- •Stasi" als Wort des Jahres 1992
- •Lexeme mit spezifischen Affixen und Halbaffixen
- •Gesellschaftlich-politische Adjektive
- •Gewaltlexeme
- •Emotional gefärbte Abkürzungen
- •Emotiv - expressive Wörter
- •Verbale Periphrasen
- •Wörter mit übertragener Bedeutung
- •Zur Abgrenzung von emotivem Lexikon der Literatursprache und Pressesprache
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 17 Werbesprache114
- •Zur Abgrenzung von Werbesprache und journalistischer Mediensprache117
- •Empfohlene Literatur zur Vertiefung:
- •Lektion № 18 Wissenschaftssprache
- •Zur Abgrenzung von Wissenschaftssprache und Fachsprache
- •Die Merkmale des wissenschaftlichen Stils
- •Das Besondere im emotiven Lexikon wissenschaftlicher Texte
- •Die Besonderheiten des emotiven Lexikons populär-wissenschaftlicher Texte
- •Empfohlene Literatur
- •Lektion № 19 Behördensprache126
- •Zur Abgrenzung von Behördensprache und Amtssprache128
- •Empfohlene Literatur zur Vertiefung:
- •Interpretationsschule oder Hermeneutik
- •Die deskriptive linguistische Stilistik
- •2. Stilanalyse Wesen der Stilanalyse131
- •Stilanalyse vor der kommunikativ-pragmatischen Wende
- •Empfohlene Literatur
- •Приложение № 1136 Rhetorische Stilmittel
- •Mittel der Bildkraft
- •Vergleich
- •Abarten der Metapher: Personifikation
- •Synästhesie
- •Gleichnis
- •Von Gefäß und Inhalt:
- •Lexisch – grammatische Stilfiguren
- •Mittel zum Ausdruck von Humor und Satire
- •Приложение № 2137 Rhetorische Kunstmittel
- •Zitatenschatz
- •Zitate zum Thema Ehe
- •Zitate zum Thema Kinder und Familie
- •Zitate zum Thema Jugend- Alter
- •Zitate zum Thema Freundschaft- Gesellseligkeit
- •Toastsprüche
- •Toasts zu Geburtstag, Jubiläum und Ehrung
- •Weitere Trinksprüche
- •Sprichwörter
- •Приложение № 3138 Führende Worte aus der geistigen Weltschatzkammer
- •Aphorismen aus Ägypten, Israel, Griechenland, Italien
- •Ägyptisches Schrifttum:
- •Jüdisches Schrifttum
- •Römisches Schrifttum
- •Christliches Schrifttum
- •Aphorismen aus Iran, Indien, Tibet, China, Japan
- •Lebensweisheit und Weltanschauung von Denkern und Dichtern Asiens Lehren und Weisungen des Vorderen Orients, Indiens und Fernen Ostens.
- •Iranisches Schrifttum
- •Indisches Schrifttum
- •Tibetisches Schrifttum
- •Chinesisches Schrifttum
- •Japanisches Schrifttum
- •Die tiefsinnigen Sprüche der Deutschen
- •Von Papst und Bischöfen
- •Von dem Undanke
- •Von Verführbaren
- •Von dem Weltgeiste:
- •Immanuel Kant:
- •Приложение № 4 Sprichwörterschatz Die biblischen Sprichwörter der deutschen Sprache
- •Приложение № 5 Das Allgemeine und Besondere im emotiven Lexikon von Texten verschiedener funktionaler Stile
- •Das Allgemeine im emotiven Lexikon der Texte
- •Verschiedener funktionaler Stile
- •Das Besondere (Spezifische) im emotiven Lexikon der Texte verschiedener funktionaler Stile
- •Die Unterschiede im emotiven Vokabular literarischer Texte und Zeitungstexte
- •Терминологический словарь по стилистике 139
- •Imitatio/Imitation
- •Intertextualität
- •Inventio
- •Invocatio
- •Verfremdung
- •Versfuß
- •Vierheber
- •Vraisemblance
- •Библиографический указатель
- •“Rhetorische Stilmittel”// http://www.Schaefer-westerhofen.De/schule/dustilmittel.Htm.
- •Заключение
- •Stilistik der Deutschen Sprache Стилистика немецкого языка
- •77 Anadiplose //„http://de.Wikipedia.Org/wiki/Anadiplose“
Zur Abgrenzung von Wissenschaftssprache und Fachsprache
(von M. Hoffmann, 2007)
Es liegt auf der Hand, dass Fachsprachen für die Wissenschaftssprache unumgänglich sind120. Unterschiede bestehen erstens darin, dass die Wissenschaftssprache fachgebietsübergreifend ist; es gibt keine Wissenschafts-, wohl aber eine Fachsprache der Medizin, Mathematik, Psychologie, Politikwissenschaft usw.
Zweitens sind Fachsprachen kommunikationsbereichsübergreifend; sie gehören auch zum sprachlichen Erscheinungsbild weiterer funktionaler Varietäten. Genannt seien die Behördensprache (z.B. Fachsprache des Rechtswesens) und die Pressesprache (man denke an den Wissenschafts-, Wirtschafts-, Börsen- und Sportjournalismus), und drittens können bestimmte Fachsprachen als Soziolekte aufgefasst werden, da man sie an bestimmte Berufsgruppen (Handwerker, Jäger, Seeleute) und Freizeitgruppen (Philatelisten, Numismatiker) binden kann. Bezeichnungen wie „Fachwissenschaftssprache“ für einen Funktiolekt (Löffler 1994, 86) oder die dezidierte Einordnung von Fachsprachen in den Kreis der funktionalen Varietäten (ebd., 113ff.) werden dem unterschiedlichen Status von Wissenschafts- und Fachsprache nicht gerecht.
Die Merkmale des wissenschaftlichen Stils
(von Rubaszewska Marta, 1996/97)
Auch für den Laien ist es klar, daß wissenschaftliche Aufsätze bestimmte Züge haben wie:
Klarheit,
Widerspruchsfreiheit,
Folgerichtigkeit,
Gefühlsneutralität und Objektivität. (Weinrich 1995: 8).
Diese Merkmale sind in drei von Kretzenbacher (1995: 27) formulierten Tabus wiederzufinden:
I. in das Ich-Tabu stellt nicht den Autor in den Mittelpunkt, sondern den Sachverhalt, der völlig objektiv beschrieben werden muß. Um die beschriebene Wirkung zu erreichen, werden fast 90% aller finiten Verben in der 3. Prs. Sg. gebraucht. (Kretzenbacher 1995: 27). Dadurch wird der Eindruck der Objektivität und Neutralität zu dem beschriebenen Forschungsgegenstand verliehen.
Den Zweck erreicht man auch, indem man bestimmte grammatikalische Konstruktionen, wie z.B. Passiv einsetzt, die sich nicht auf den Täter einer Handlung, sondern auf das Objekt der Handlung beziehen.
II. in das Metaphern-Tabu weist auf die unzähligen Metaphern in den wissenschaftlichen Terminologien hin, die aus der Gemeinsprache übernommen und mit neuen Bedeutungen versehen werden, z.B.
das Wort Wurzel tritt in den verschiedenen Disziplinen auf und hat deswegen auch verschiedene Bedeutungen:
1) im Boden befindlicher, oft fein verästelter Teil der Pflanze , mit dem sie Halt findet und zugleich Organ der Nahrungsaufnahme ist;
2) Zahnwurzel (Anat.): in eine oder zwei Spitzen auslaufender, im Zahnfleisch steckender unterster Teil eines Zahnes;
3) (Sprachw.)(erschlossene, durch einen Asteriksen gekennzeichnete) mehreren verwandten Sprachen gemeinsame Form eines Wortstammes;
4) (Math.) Zahl, die einer bestimmten Potenz zugrunde liegt."(Duden 1989: 1760)
Das gemeinsprachliche Vokabular unterliegt dem Prozeß der Terminologisierung, infolge dessen die semantische Ebene eines Lexems erweitert wird.
III. in das Erzähl-Tabu nimmt an, dass nur rein wissenschaftliche Fakten den Rezipienten überzeugen müssen und der Autor völlig im Hintergrund bleiben und auf seine subjektiven Einschätzungen verzichten muss. Der Wissenschaftler hat die Pflicht, über den untersuchten Gegenstand zu berichten und nicht zu erzählen.
Die weiteren Charakteristika des wissenschaftlichen Stils sind bei Hoffmann (1976: 59) zu finden, die sich in vielen Punkten mit den Meinungen von Kretzenbacher und Weinrich überschneiden:
„Der wissenschaftliche Stil ist ein Sprachstil, der
1) nach Genauigkeit, Einfachheit und Klarheit;
2) nach logischer Strenge und emotionaler Einprägsamkeit;
3) nach ständigem Austausch mit der Gemeinsprache;
4) nach einer strengen Determinierung sorgfältig durchdachter Termini;
5) nach weitgehender Nutzung unterschiedlicher Mittel der Sprache;
6) nach einer überlegten Verwendung der notwendigen Ziffern, Symbole und Zeichen strebt."
Abschließend kann man eine Behauptung wagen, daß es die Aufgabe des wissenschaftlichen Stils ist, den zweckmäßigen Gebrauch der Sprache in der Wissenschaft und ihre Angemessenheit zu bestimmen121.
Interessant ist es, inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch einzelsprachliche Wissenschaftsstile geprägt sind. Aus der folgenden These geht hervor, dass trotz einer immer weiter fortschreitenden Internationalisierung mehrere Stile des wissenschaftlichen Arbeitens vorhanden sind und auf wesentliche kulturelle Unterschiede verweisen.
Eine allgemeingültige Form der wissenschaftlichen Arbeit ist das Argumentieren, weil mittels Argumentation die Wirklichkeit produziert wird. Das Argumentieren ist erst in der Kommunikation möglich und darin liegt der soziale Charakter von Wissenschaft begründet:
„In der wissenschaftlichen Kommunikation wird gefordert, daß man Behauptungen durch Argumente stützt und sich bemüht, festgestellte Tatsachen adäquat zu erklären." (Sökeland 1981: 261).
Jede wissenschaftliche Feststellung ist begründungspflichtig und ist ein Schritt auf dem Wege „der Konstruktion von Wirklichkeit." (Fischer 1993: 50).
Der Begrif Argumentieren selbst ist universal (alle Wissenschaftsdisziplinen betreffend), aber die Art der Ausführung der Argumentation hat ihre Quelle in der Zugehörigkeit des Wissenschaftlers zu einer kulturellen Gemeinschaft.
Der Gedankenaufbau findet seine Widerspiegelung in dem ausgewählten Stil, weil „dasselbe so oder so gesagt werden kann." (Schröder 1995: 152) Aber der Stil besteht nicht nur in der geschickten Wahl der rhetorischen und grammatikalischen Konstruktionen, sondern der Stil resultiert aus dem Verhältnis zwischen dem Textproduzenten und dem Textrezipienten (Schröder 1995: 153):
„Daher ist Stil keine statische Eigenschaft eines Textes, sondern eine virtuelle Qualität, die im Rezeptionsvorgang rekonstruiert wird. (Spillner 1974, S. 64; Hervorhebungen H.S.)"
Schröder (1995: 155) setzt fort:
„ein Text hat nicht Stil, sondern ihm wird der Stil zugesprochen; Stil entsteht erst im Rahmen und durch die Autor-Leser-Kommunikation, wobei „bis zum gewissen Grade jeder Leser aufgrund seiner individuellen Lesererwartung Stil anders rekonstruiert. (Spillner 1974, S. 67)
" Daraus folgt, daß der Prozeß der Rezeption des Textes durch das Individuum selbst bestimmt wird. Dieser Subjektivität liegen mehrere kulturelle und soziale Faktoren zugrunde. Jede Menschengemeinschaft schafft die Regeln des Zusammenlebens, die nicht unbedingt kodifiziert sein müssen aber trotzdem befolgt werden. Sie beeinflußen unseren Empfang der Wirklichkeit, und die Wissenschaft ist „die Produktion der Wirklichkeit mittels Argumentation." (Fischer 1993: 41).
Dazu gehört auch die vom Wissenschaftler angeführte Argumentationsstruktur, die in der jeweiligen Sprache den Ursprung hat und „[...] oft zerbröckelt das Gebäude der Argumentation, wenn man es in die andere Wissenschaftssprache zu übertragen sucht, wirken imponierende Demonstrationen plötzlich banal, scheinbar evidente Verkettungen geschraubt122.
Bis in die Feinstruktur wissenschaftlicher Texte hinein erweist sich also, dass Evidenz auf kulturellen Traditionen beruht, die von Land zu Land divigieren. (Picht 1987, S. 17; Hervorhebungen H. S.)"
Das von Schröder (1995: 157) angeführte Zitat von Picht scheint die These von der universalen Argumentation und dem universalen Stil zu widerlegen, ohne den Forschungsgegenstand gleichzeitig in Betracht gezogen zu haben.
Da jede Wissenschaft mit nur für sie geeigneten Methoden arbeitet. Deswegen muss die Abgrenzung zwischen den Naturwissenschaften und den Human- und Sozialwissenschaften vollgezogen werden. Der Ausgangspunkt für die Teilung sind die Erkenntnisbereiche, weil die Naturwissenschaften andere Aufgaben als die Geisteswissenschaften haben. (Jahr 1993: 43)
Das Untersuchungsobjekt wird in den Naturwissenschaften durch natürliche Zusammenhänge und in den Human- und Sozialwissenschaften durch das menschliche Handeln in einem sozialen Kontext bestimmt. Das ist ein Grund dafür, daß die Kommunikation der Naturwissenschaftler über die Naturerscheinungen und ihre Gesetze auf keine wesentlichen Sprachprobleme stößt, weil es einheitliche Begriffe gibt, die nur unterschiedlich in den entsprechenden Sprachen benannt werden. (Jahr 1993: 30)
Das Wesen der Naturwissenschaften wird nicht durch das Individuum beeinflusst und die Forschungsergebnisse gelten als objektiv.
Die Geisteswissenschaften zielen auf Subjektivität, weil das menschliche Wesen und sein Denken sich nicht in bestimmte Rahmen pressen lassen. Der Mensch und sein Geist unterliegen nicht den natürlichen Zusammenhängen, sondern werden stark sozial und kulturell bedingt.
Die Naturwissenschaftler neigen dazu, die Universalitätsthese zu repräsentieren, weil am überzeugendsten die Argumente wirken, die allgemeingültig und universal sind. Die Human- und Sozialwissenschaften unterliegen der Relativitätsthese. (Schröder 1995: 158)
Der Wissenschaftler wird keinem Zwang ausgesetzt, was die Gestaltung seiner subjektiven Meinung anbetrifft. Für Schröder (1995: 152) sind die gesellschaftlichen und somit die kulturellen Faktoren von entscheidender Bedeutung:
„ Je mehr ein Fachgebiet kulturübergreifenden Charakter hat, d.h. sein eigentlicher Gegenstandsbereich nicht in der Primärkultur liegt und somit eher „gesellschaftsbezogen" ist, desto größer ist die Tendenz zur Verwendung ähnlicher bzw. identischer Diskursmuster. [...] Je mehr der Gegenstandsbereich eines Fachgebietes in der Primärkultur verankert ist, je mehr er also „gesellschaftsbezogen" ausgerichtet ist, desto wahrscheinlicher ist die Tendenz, daß sich bei der Versprachlichung wissenschaftlicher Sachverhalte kulturspezifische Diskursmuster herausbilden. (Gnutzmann 1989, S. 1-2)".
[Quelle: Marta Rubaszewska. Die Rolle der Sprache in der wissenschaftlichen Kommunikation//In:http://www.sw2.euv-frankfurt-o.de/VirtuLearn/hs.winter00/ling-3/MRubasz.haus.spr.recht.htm#2.2]