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Учебное пособие 700247.doc
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Zur Abgrenzung von Wissenschaftssprache und Fachsprache

(von M. Hoffmann, 2007)

Es liegt auf der Hand, dass Fachsprachen für die Wissenschaftssprache unumgänglich sind120. Unterschiede bestehen erstens darin, dass die Wissenschaftssprache fachgebietsübergreifend ist; es gibt keine Wissenschafts-, wohl aber eine Fachsprache der Medizin, Mathematik, Psychologie, Politikwissenschaft usw.

Zweitens sind Fachsprachen kommunikationsbereichsübergreifend; sie gehören auch zum sprachlichen Erscheinungsbild weiterer funktionaler Varietäten. Genannt seien die Behördensprache (z.B. Fachsprache des Rechtswesens) und die Pressesprache (man denke an den Wissenschafts-, Wirtschafts-, Börsen- und Sportjournalismus), und drittens können bestimmte Fachsprachen als Soziolekte aufgefasst werden, da man sie an bestimmte Berufsgruppen (Handwerker, Jäger, Seeleute) und Freizeitgruppen (Philatelisten, Numismatiker) binden kann. Bezeichnungen wie „Fachwissenschaftssprache“ für einen Funktiolekt (Löffler 1994, 86) oder die dezidierte Einordnung von Fachsprachen in den Kreis der funktionalen Varietäten (ebd., 113ff.) werden dem unterschiedlichen Status von Wissenschafts- und Fachsprache nicht gerecht.

Die Merkmale des wissenschaftlichen Stils

(von Rubaszewska Marta, 1996/97)

Auch für den Laien ist es klar, daß wissenschaftliche Aufsätze bestimmte Züge haben wie:

  • Klarheit,

  • Widerspruchsfreiheit,

  • Folgerichtigkeit,

  • Gefühlsneutralität und Objektivität. (Weinrich 1995: 8).

Diese Merkmale sind in drei von Kretzenbacher (1995: 27) formulierten Tabus wiederzufinden:

I. in das Ich-Tabu stellt nicht den Autor in den Mittelpunkt, sondern den Sachverhalt, der völlig objektiv beschrieben werden muß. Um die beschriebene Wirkung zu erreichen, werden fast 90% aller finiten Verben in der 3. Prs. Sg. gebraucht. (Kretzenbacher 1995: 27). Dadurch wird der Eindruck der Objektivität und Neutralität zu dem beschriebenen Forschungsgegenstand verliehen.

Den Zweck erreicht man auch, indem man bestimmte grammatikalische Konstruktionen, wie z.B. Passiv einsetzt, die sich nicht auf den Täter einer Handlung, sondern auf das Objekt der Handlung beziehen.

II. in das Metaphern-Tabu weist auf die unzähligen Metaphern in den wissenschaftlichen Terminologien hin, die aus der Gemeinsprache übernommen und mit neuen Bedeutungen versehen werden, z.B.

das Wort Wurzel tritt in den verschiedenen Disziplinen auf und hat deswegen auch verschiedene Bedeutungen:

1) im Boden befindlicher, oft fein verästelter Teil der Pflanze , mit dem sie Halt findet und zugleich Organ der Nahrungsaufnahme ist;

2) Zahnwurzel (Anat.): in eine oder zwei Spitzen auslaufender, im Zahnfleisch steckender unterster Teil eines Zahnes;

3) (Sprachw.)(erschlossene, durch einen Asteriksen gekennzeichnete) mehreren verwandten Sprachen gemeinsame Form eines Wortstammes;

4) (Math.) Zahl, die einer bestimmten Potenz zugrunde liegt."(Duden 1989: 1760)

Das gemeinsprachliche Vokabular unterliegt dem Prozeß der Terminologisierung, infolge dessen die semantische Ebene eines Lexems erweitert wird.

III. in das Erzähl-Tabu nimmt an, dass nur rein wissenschaftliche Fakten den Rezipienten überzeugen müssen und der Autor völlig im Hintergrund bleiben und auf seine subjektiven Einschätzungen verzichten muss. Der Wissenschaftler hat die Pflicht, über den untersuchten Gegenstand zu berichten und nicht zu erzählen.

Die weiteren Charakteristika des wissenschaftlichen Stils sind bei Hoffmann (1976: 59) zu finden, die sich in vielen Punkten mit den Meinungen von Kretzenbacher und Weinrich überschneiden:

„Der wissenschaftliche Stil ist ein Sprachstil, der

1) nach Genauigkeit, Einfachheit und Klarheit;

2) nach logischer Strenge und emotionaler Einprägsamkeit;

3) nach ständigem Austausch mit der Gemeinsprache;

4) nach einer strengen Determinierung sorgfältig durchdachter Termini;

5) nach weitgehender Nutzung unterschiedlicher Mittel der Sprache;

6) nach einer überlegten Verwendung der notwendigen Ziffern, Symbole und Zeichen strebt."

Abschließend kann man eine Behauptung wagen, daß es die Aufgabe des wissenschaftlichen Stils ist, den zweckmäßigen Gebrauch der Sprache in der Wissenschaft und ihre Angemessenheit zu bestimmen121.

Interessant ist es, inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch einzelsprachliche Wissenschaftsstile geprägt sind. Aus der folgenden These geht hervor, dass trotz einer immer weiter fortschreitenden Internationalisierung mehrere Stile des wissenschaftlichen Arbeitens vorhanden sind und auf wesentliche kulturelle Unterschiede verweisen.

Eine allgemeingültige Form der wissenschaftlichen Arbeit ist das Argumentieren, weil mittels Argumentation die Wirklichkeit produziert wird. Das Argumentieren ist erst in der Kommunikation möglich und darin liegt der soziale Charakter von Wissenschaft begründet:

„In der wissenschaftlichen Kommunikation wird gefordert, daß man Behauptungen durch Argumente stützt und sich bemüht, festgestellte Tatsachen adäquat zu erklären." (Sökeland 1981: 261).

Jede wissenschaftliche Feststellung ist begründungspflichtig und ist ein Schritt auf dem Wege „der Konstruktion von Wirklichkeit." (Fischer 1993: 50).

Der Begrif Argumentieren selbst ist universal (alle Wissenschaftsdisziplinen betreffend), aber die Art der Ausführung der Argumentation hat ihre Quelle in der Zugehörigkeit des Wissenschaftlers zu einer kulturellen Gemeinschaft.

Der Gedankenaufbau findet seine Widerspiegelung in dem ausgewählten Stil, weil „dasselbe so oder so gesagt werden kann." (Schröder 1995: 152) Aber der Stil besteht nicht nur in der geschickten Wahl der rhetorischen und grammatikalischen Konstruktionen, sondern der Stil resultiert aus dem Verhältnis zwischen dem Textproduzenten und dem Textrezipienten (Schröder 1995: 153):

„Daher ist Stil keine statische Eigenschaft eines Textes, sondern eine virtuelle Qualität, die im Rezeptionsvorgang rekonstruiert wird. (Spillner 1974, S. 64; Hervorhebungen H.S.)"

Schröder (1995: 155) setzt fort:

„ein Text hat nicht Stil, sondern ihm wird der Stil zugesprochen; Stil entsteht erst im Rahmen und durch die Autor-Leser-Kommunikation, wobei „bis zum gewissen Grade jeder Leser aufgrund seiner individuellen Lesererwartung Stil anders rekonstruiert. (Spillner 1974, S. 67)

" Daraus folgt, daß der Prozeß der Rezeption des Textes durch das Individuum selbst bestimmt wird. Dieser Subjektivität liegen mehrere kulturelle und soziale Faktoren zugrunde. Jede Menschengemeinschaft schafft die Regeln des Zusammenlebens, die nicht unbedingt kodifiziert sein müssen aber trotzdem befolgt werden. Sie beeinflußen unseren Empfang der Wirklichkeit, und die Wissenschaft ist „die Produktion der Wirklichkeit mittels Argumentation." (Fischer 1993: 41).

Dazu gehört auch die vom Wissenschaftler angeführte Argumentationsstruktur, die in der jeweiligen Sprache den Ursprung hat und „[...] oft zerbröckelt das Gebäude der Argumentation, wenn man es in die andere Wissenschaftssprache zu übertragen sucht, wirken imponierende Demonstrationen plötzlich banal, scheinbar evidente Verkettungen geschraubt122.

Bis in die Feinstruktur wissenschaftlicher Texte hinein erweist sich also, dass Evidenz auf kulturellen Traditionen beruht, die von Land zu Land divigieren. (Picht 1987, S. 17; Hervorhebungen H. S.)"

Das von Schröder (1995: 157) angeführte Zitat von Picht scheint die These von der universalen Argumentation und dem universalen Stil zu widerlegen, ohne den Forschungsgegenstand gleichzeitig in Betracht gezogen zu haben.

Da jede Wissenschaft mit nur für sie geeigneten Methoden arbeitet. Deswegen muss die Abgrenzung zwischen den Naturwissenschaften und den Human- und Sozialwissenschaften vollgezogen werden. Der Ausgangspunkt für die Teilung sind die Erkenntnisbereiche, weil die Naturwissenschaften andere Aufgaben als die Geisteswissenschaften haben. (Jahr 1993: 43)

Das Untersuchungsobjekt wird in den Naturwissenschaften durch natürliche Zusammenhänge und in den Human- und Sozialwissenschaften durch das menschliche Handeln in einem sozialen Kontext bestimmt. Das ist ein Grund dafür, daß die Kommunikation der Naturwissenschaftler über die Naturerscheinungen und ihre Gesetze auf keine wesentlichen Sprachprobleme stößt, weil es einheitliche Begriffe gibt, die nur unterschiedlich in den entsprechenden Sprachen benannt werden. (Jahr 1993: 30)

Das Wesen der Naturwissenschaften wird nicht durch das Individuum beeinflusst und die Forschungsergebnisse gelten als objektiv.

Die Geisteswissenschaften zielen auf Subjektivität, weil das menschliche Wesen und sein Denken sich nicht in bestimmte Rahmen pressen lassen. Der Mensch und sein Geist unterliegen nicht den natürlichen Zusammenhängen, sondern werden stark sozial und kulturell bedingt.

Die Naturwissenschaftler neigen dazu, die Universalitätsthese zu repräsentieren, weil am überzeugendsten die Argumente wirken, die allgemeingültig und universal sind. Die Human- und Sozialwissenschaften unterliegen der Relativitätsthese. (Schröder 1995: 158)

Der Wissenschaftler wird keinem Zwang ausgesetzt, was die Gestaltung seiner subjektiven Meinung anbetrifft. Für Schröder (1995: 152) sind die gesellschaftlichen und somit die kulturellen Faktoren von entscheidender Bedeutung:

„ Je mehr ein Fachgebiet kulturübergreifenden Charakter hat, d.h. sein eigentlicher Gegenstandsbereich nicht in der Primärkultur liegt und somit eher „gesellschaftsbezogen" ist, desto größer ist die Tendenz zur Verwendung ähnlicher bzw. identischer Diskursmuster. [...] Je mehr der Gegenstandsbereich eines Fachgebietes in der Primärkultur verankert ist, je mehr er also „gesellschaftsbezogen" ausgerichtet ist, desto wahrscheinlicher ist die Tendenz, daß sich bei der Versprachlichung wissenschaftlicher Sachverhalte kulturspezifische Diskursmuster herausbilden. (Gnutzmann 1989, S. 1-2)".

[Quelle: Marta Rubaszewska. Die Rolle der Sprache in der wissenschaftlichen Kommunikation//In:http://www.sw2.euv-frankfurt-o.de/VirtuLearn/hs.winter00/ling-3/MRubasz.haus.spr.recht.htm#2.2]